Maria (Marie) Emhart

Maria Emhart wird am 27. Mai 1901 als eines von sechs Kindern der Landarbeiterin Marie Raps (geb. Kreutzner, 1883-1932) und des Bau- und Eisenbahnarbeiters Johann Raps in Pyhra, Bezirk St. Pölten, geboren. Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule ist sie ab 1915 als Hilfsarbeiterin in einer Seidenspinnerei in St. Pölten tätig. Sie engagiert sich in der sozialdemokratischen Jugendbewegung und wird 1918 Mitglied der SDAP. Maria Emhart betätigt sich auch in der sozialdemokratischen Frauenbewegungm, wird Mitglied des Betriebsrates der „Ersten Österreichischen Glanzstofffabrik“ und ist von 1932 bis Februar 1934 Gemeinderatsmitglied in St. Pölten. Maria Emhart hat gute Kontakte zum republikanischen Schutzbund und nimmt an den Februarkämpfen 1934 aktiv teil, indem sie die kämpfenden Schutzbündler mit Medikamenten und Verbandszeug versorgt. Nach dem Sieg der austrofaschistischen Regierung über die aufständischen ArbeiterInnen wird Maria Emhart verhaftet und wegen Hochverrates angeklagt. Nach 17 Wochen Haft muss sie sich im Juni 1934 vor einem Schwurgericht in St. Pölten verantworten. Sie wird wegen mangelnder Beweise freigesprochen. Einige Tage nach ihrer Freilassung wird sie von bewaffneten Heimwehrmännern unter der Führung von Major Marinkowitsch überfallen. Maria Emhart fühlt sich daraufhin in St. Pölten nicht mehr sicher und fährt, auch um ein Lungenleiden zu kurieren, drei Wochen nach Davos in die Schweiz.

Im Oktober 1934 kehrt sie im Auftrag des Zentralkomitees der Revolutionären Sozialisten[1] (RS) nach Österreich zurück. Sie arbeitet in Wien für die RS und übernimmt die Leitung der illegalen Partei in Niederösterreich. Sie ist Delegierte der Landesleitung Niederösterreichs und eine der Vorsitzenden der Reichskonferenz der Vereinigten Sozialistischen Partei Österreichs, die vom 30. Dezember 1934 bis 1. Jänner 1935 in Brünn stattfindet. Marie Emhart wird am 26. Jänner 1935 in Wien verhaftet[2] und war neben Hans Karl Sailer die Hauptangeklagte im Sozialistenprozess, der im März 1936 in Wien stattfindet.[3] Die Staatsanwaltschaft beantragt für Maria Emhart die Todesstrafe, weil sie in leitender Funktion an einer Konferenz teilgenommen hat, die „die illegale sozialistische Partei in Österreich konstituiert und organisiert“. Marie Emhart wird als „Rädelsführerin“ von den anderen Verdächtigen abgesondert und unter verschärften Bedingungen in Einzelhaft gefangen gehalten. Bei der Verhandlung bekennt sich Maria Emhart zwar als nicht schuldig im Sinne der Anklage, betont jedoch in aller Deutlichkeit ihre sozialistische Gesinnung. Das Urteil, das am 24. März 1936 verkündet wird, lautet aufgrund mangelnder Hochverratsindizien und wegen der scharfen Proteste aus dem Ausland auf 18 Monate schweren Kerkers.[4] Bei den Urteilen wird die U-Haft anerkannt, obwohl sich Maria Emhart bereits seit Ende Jänner 1935 in Haft befunden hat wird ihr die Untersuchungshaft erst ab 30. Juli 1935 angerechnet; sie kommt Ende Juli 1936 frei.

Maria Emhart lässt sich zum Schein von ihrem Mann, dem Bundesbahnangestellten Karl Emhart, scheiden, um ihm gesellschaftliche und berufliche Nachteile, die sich aufgrund einer Ehe mit einer politisch Verurteilten ergeben könnten, zu ersparen. Karl Emhart wird trotzdem von St. Pölten nach Bischofshofen versetzt.

Nach 1945 ist Maria Emhart wieder für die SPÖ tätig. Sie ist von 1945 bis 1967 Vizebürgermeisterin von Bischofshofen. und 1945-1953 Mitglied des Salzburger Landtages, von März 1953 bis Jänner 1965 Abgeordnete zum Nationalrat. Maria Emhart gehört 1947 bis 1967 dem Frauen-Zentralkomitee der SPÖ an und engagiert sich in der Alten- und Kinderfürsorge. 1971 erhält sie das Goldene Abzeichen sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus. Sie ist Ehrenbürgerin von Bischofshofen, Trägerin des Goldenen Verdienstkreuzes des Landes Salzburg, der Otto-Bauer Plakette und der Adolf Schärf-Plakette, sowie des Goldenen Verdienstkreuzes der Republik Österreich.

Maria Emhart stirbt am 9. Oktober 1981 im Alter von 80 Jahren in Bischofshofen.




[1]    Otto Leichter, Zwischen zwei Diktaturen. Österreichs Revolutionäre Sozialisten 1934-1938, Wien 1968; Peter Pelinka, Erbe und Neubeginn. Die Revolutionären Sozialisten in Österreich 1934–38, Wien 1981

[2]    Verein der Geschichte der Arbeiterbewegung, Archiv, Oraganisationen, Mappe 2, Tasche 3

[3]    Manfed Marschalek, Der Wiener Sozialistenprozeß 1936, in: Karl Stadler (Hg.), Sozialistenprozesse – Politische Justiz in Österreich 1870-1936, S. 429-490, Wien 1986

[4]    Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, E 193911/1; Wolfgang Neugebauer (Hg.), Widerstand und Verfolgung in Wien 1934-1945, Bd.I, Wien 1984, S.56, 58, 62-65, 68, 97-101, 109, 110f., 120 u. 187